Klimakapsel-Lounges
„Wie wollen wir in der Zukunft leben, wenn wir den Klimawandel nicht aufhalten können? Welche technologischen Konzepte müssen wir entwickeln, um überleben zu können – und wollen wir überhaupt so leben?“
Diese und weitere Fragen werden in den Klimakapsel-Lounges von Friedrich von Borries thematisiert; eine spekulative Reflexion über den fortschreitenden Klimawandel sowie die Probleme, Staaten zu verbindlichen Maßnahmen für den Klimaschutz und Bürger_ innen zur Veränderung ihres Verhaltens zu bewegen.
Die Klimakapsel -Lounges basieren auf dem Buch „Klimakapseln – Überlebensbedingungen in der Katastrophe“ (Friedrich von Borries, Edition Suhrkamp, 2010). In einer Science-Fiction-Erzählung werden historische und aktuelle klimabezogene Modelle, Strategien, Experimente und Utopien aus Design, Kunst, Mode, Wissenschaft, Architektur und Städtebau vorgestellt, anhand derer ein Szenario für das Leben nach der Klimakatastrophe imaginiert wird. Das Buch wird anlässlich der ODYSSEE : KLIMA vertont und erstmals als multimediale Installation in einer Variation von Klimakapseln vor dem Theater gezeigt.
In den neun Szenenbildern des Buches erscheinen verschiedene Charaktere, die in der „Klimakapselwelt“ nach der Umweltkatastrophe leben und jeweils ihre eigene Position und Rolle in dieser Zukunftsvision besitzen.
So erzählt der „Architekt“, der soeben nach mehreren Jahren Bauzeit seine gigantische Kapselstadt realisiert hat, dass sich seine Kreation „wie eine Seifenblase“ in das Netzwerk der zahlreichen Kapselstädte, die auf der Welt nun existieren, einfügt. Eine perfekte Stadt will er geplant haben, die den Bürger_innen innerhalb des riesigen Kapselkomplexes alles bieten soll, was sie benötigen – virtuelle Realität mit eingeschlossen.
Während der Architekt von seinem Meisterwerk schwärmt und die Vorzüge, gar Genialität, dieser „neuen“ Lebensführung untermalt, lernen wir aber auch die Kehrseite seines idealistischen Vorhabens kennen. Denn was er als Perfektion empfindet, stellt für den „Flüchtling“ der Klimakatastrophe eine unerreichbare Utopie dar. Er, als eines der Opfer der Klimakatastrophe, ist nicht privilegiert genug, um Zutritt zu einer der Kapselstädte zu erhalten. Stattdessen, wird der Flüchtling als billige Arbeitskraft missbraucht um die Kapselstädte am Leben zu halten – lebt vom Abfall der Anderen.
Doch ein Gerücht geht um, der Flüchtling hat von einer umhertreibenden Insel gehört, die den Meeresströmungen folgt und auf dem Weg Flüchtlinge aus aller Welt aufnimmt. Nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort, das muss man sein, da die Insel nicht manövriert werden kann und auch niemand so genau weiß, wann dieses schwimmende Paradies wo erscheint. So begibt sich der Flüchtling auf die Suche nach einer Alternative zu den Kapselstädten, die scharf gegen Eindringungsversuche durch Flüchtlinge wie ihn geschützt und bewacht werden.
Der „Sandmann“ ist einer dieser Beschützer, die auch mit Waffengewalt gegen die Flüchtlinge vorgehen dürfen. Er, der einst ein stolzer Krieger war, dessen Volk seit Generationen in der Region wohnte, in der jetzt die gigantische Kapselstadt dem Himmel entgegenragt. Mit seinem Hightech-Schutzanzug ausgestattet, schweift er in der Wüstenlandschaft umher, stets auf der Suche nach Klima-Flüchtlingen, die versuchen, in die Kapselstädte einzudringen. Auch hält er die Solar- und Windanlagen, die die Kapselstädte mit Energie versorgen, in Schuss und sichert so von außen das komfortable Leben der Kapselbewohner_innen.
Die Geschichten der Zukunftsbewohner werden in den Klimakapsel-Lounges mit visuellen Referenzen aus Design, Kunst, Mode, Wissenschaft, Architektur und Städtebau verknüpft und erlauben es den Besucher_innen, sich im Raum der Klimakapseln mit dieser möglichen Zukunftsvision auseinanderzusetzen und über die anfangs aufgeworfenen Fragestellungen nachzudenken.